W podróży z pędzlem i pojemnikiem na farbę

wochenblatt.pl 1 tydzień temu
Zdjęcie: Nahm daheim die Aufarbeitung des alten Bahnhofsschildes von Horka (Wehrkirch) vor: Der Görlitzer Oliver Rettig. Foto: Till Scholtz-Knobloch


Meistens alleine, manchmal mit Freunden tourt Oliver Rettig durch die schlesischen oder böhmischen Weiten und versucht, Relikte der Vergangenheit vor dem Verfall zu retten.

Schon auf dem Görlitzer Balkon von Oliver Rettig prangt ein altes deutsches Bahnhofsschild von Marklissa (Leśna) bei Lauban (Lubań) aus dem polnischen Teil der Oberlausitz. Das besondere Faible für historische Bahnrelikte hat er von seinem Vater Wilfried Rettig geerbt, der durch viele Eisenbahnpublikationen aus dem Dreiländereck Deutschland-Polen-Tschechien in Fachkreisen bekannt ist.

Nahm daheim die Aufarbeitung des alten Bahnhofsschildes von Horka (Wehrkirch) vor: Der Görlitzer Oliver Rettig.

Foto: Till Scholtz-Knobloch

Jüngst stieß Oliver Rettig wieder auf ein historisches Bahnhofsschild, das seinen Dienst längst getan hat und ebenfalls einen Ortsnamen trägt, der in dieser Form heute eher unbekannt ist. „Wehrkirch“ ist mittlerweile wieder glänzend auf dem Schild aus Horka im deutschen Teil der Oberlausitz, das von 1936 bis 1947 diesen Namen trug, zu lesen, nachdem es Rettig in seiner Garage aufgearbeitet hat.

Natronlauge gegen Schmutz

Bevor Oliver Rettig Hand anlegte: Ziethen-Gedenkstein 2020
Foto: PaulT/Gunther Tschuch/Wikipedia

„Mit 50-prozentiger Natronlauge und Kunststoffschleifblock ist schon ein beachtliches Ergebnis zu erzielen. Das tut dem historischen Gesamtbild keinen Abbruch, denn Patina ist auch nach Entfernung der jahrzehntealten Schmutzschicht ausreichend vorhanden“, sagt er. „Ich habe allerdings noch die Löcher mit GFK-Spachtel verfüllt und anschließend mit Emaillefarbe die Abplatzungen nachgezogen“, ergänzt der handwerklich geschickte Görlitzer. Dabei kommt es ihm auch nicht darauf an, bei sich Wertvolles zu horten, denn letztlich ist es ihm am liebsten, wenn sich im historischen Umfeld ein Platz für ein Dokument vergangener Zeit findet. Doch der Hang, historische Namen für die Nachwelt zu retten, erstreckt sich für ihn gar nicht allein auf die Eisenbahn. Bei Ausflügen mit seinem Enduro-Motocross-Motorrad steuert er gezielt verblichene Wegmarkierungen an – den Großteil davon findet er jenseits der ganz nahen Grenzen im polnischen Niederschlesien und im tschechischen Nordböhmen.

Rettig ist querfeldein unterwegs und findet immer wieder Wegweiser, die die Geschichte vergessen hat, auch abseits der heute befahrenen Straßen. Ein Topf Farbe und Pinsel sind immer im Gepäck!

Freies Feld fürs Tun

Zieht die Schrift für den Feldherren „Zieten aus dem Busch“ nach: Oliver Rettig
Foto: Till Scholtz-Knobloch

Während er in Deutschland dem Denkmalschutz eher weniger in die Parade fährt und nur bei völliger Untätigkeit anderer eingreift, gibt es jenseits der Lausitzer Neiße oder in Nordböhmen freies Feld für sein Tun. „Im Grunde schaue ich auf all das, wo bislang nach 1945 niemand irgendetwas getan hat. Ich gehe einfach davon aus, dass der polnische Denkmalschutz eher beeindruckt wäre, mit welch hoher Qualität und Gespür für den historischen Bestand ich zu Werke gehe“, sagt er und freut sich, dass er manche renovierte Relikte auf Fotos bei Google Earth wiederfand, nachdem er den einstigen Zustand erst wiederhergestellt hatte.

In Katholisch Hennersdorf (Henryków Lubański), wo die Preußen in den Schlesischen Kriegen 1745 Sachsen besiegten, steht ein Gedenkstein. Es ist zwar kein Exot – oder doch, wenn man die polnische Perspektive betrachtet. Nach dem Überraschungsangriff bei Hennersdorf kam für den preußischen Befehlshaber der Name „Zieten aus dem Busch“ in Umlauf, der den Stein ziert. Wie zuvor an manchen unscheinbareren Unterwegssteinen zieht Oliver Rettig auch hier Farbe und erinnert damit an das historische Ereignis.

Kontakte zu Einheimischen

Selbstauferlegte Kulturarbeit: Oliver Rettig arbeitet historische Wegmarkierung kurz vor Naumburg am Quais (Nowogrodziec) nach Tschirne (Czerna) auf.
Foto: Till Scholtz-Knobloch

Hier und da wird Rettig mittlerweile sogar wiedererkannt. Er hat viele persönliche Kontakte auf polnischer Seite geknüpft – im Selbststudium hat er dabei ein erstaunlich gutes Sprachgefühl für das Polnische aufgebaut, das ihm manche Türen öffnet. Überhaupt komme ihm die polnische Improvisationsseele, die nicht lange nach Formalien fragt, sehr entgegen. „Die letzten drei Jahre hat sich eigentlich nie etwas an meiner Arbeit auf polnischer Seite geändert“, bekundet er schmunzelnd. Er sei ja mit der Enduro ohnehin „querfeldein“ unterwegs, meint er augenzwinkernd.

Häufig steuert er auf seinen Fahrten auch „Lost Places“ – klassische verfallene Fabrik- oder Militäranlagen an. Doch sein eigentliches Augenmerk richtet er immer darauf, entlang von Straßen, Wegen oder Trampelpfaden durch seine Einsätze mit dem Farbtopf die Geschichte auch für die präsent zu machen, deren Familien nach 1945 in die Fremde entrissen wurden.

Till Scholtz-Knobloch

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