Mit der schlesischen Zeitmaschine reisen wir ins Jahr 1911, als die Universität Breslau ihr hundertjähriges Bestehen feierlich begeht. In den Sammlungen der Schlesischen Digitalbibliothek stieß ich auf das Veranstaltungsprogramm, die Gästeliste sowie das Festmenü und einige Grafiken. Eine davon erregte meine besondere Aufmerksamkeit – es ist eine Eintrittskarte zum Frühstück im Zoologischen Garten.
Das Menü, vermutlich…

Quelle: Małgorzata Janik
Leider erfahren wir nicht, was an diesem außergewöhnlichen Ort serviert wurde. Sicher ist jedoch, dass die Gäste im Konzertsaal an der Gartenstraße 39/41 (heute: J. Piłsudskiego) in feierlicher Atmosphäre folgende Speisen genossen haben: zunächst eine kräftige Bouillon, gefolgt von Rinderfilet mit Gemüse, schlesischer Gebirgsforelle mit frischer Butter, Blätterteigpasteten, jungen Hühnern, Salat und frischem Obst. Den krönenden Abschluss bildeten das Dessert „Fürst Pückler“, Käsekuchen sowie ein Mokka.
Eine besonders interessante Delikatesse auf der Speisekarte war die „Tutti-Frutti-Spezialität“, signiert mit dem Namen des „grünen“ Fürsten Hermann von Pückler. Heute würden wir ihn als Landschaftsarchitekten bezeichnen, denn er war nicht nur leidenschaftlicher Gärtner und Reisender, sondern vor allem ein großer Liebhaber von Süßspeisen.
Pücklers süßes Erbe

Quelle: Małgorzata Janik
Das Dessert selbst ist bis heute Gegenstand vieler Diskussionen, da das ursprüngliche Rezept nicht eindeutig überliefert ist. Zahlreiche Konditoren nahmen sich dieser Kreation an, modifizierten und verfeinerten sie nach eigenem Ermessen. Eines bleibt jedoch unbestritten: Es handelt sich um ein dreifarbiges Dessert, das damals in ganz Europa populär war und auch heute noch ein Klassiker ist. Die Zutaten? Drei Sorten Eis – Sahne, Erdbeere und Schokolade. In dem feierlichen Menü wurde diese Eis-Bombe mit Burgeff & Co. Champagner serviert – ein wahrhaft luxuriöser Genuss!
Rezept:
Wer das Rezept heute selbst ausprobieren möchte, kann es mit folgenden Zutaten tun: 300 g süße Sahne (36 %) steif schlagen und dabei nach und nach 75 g Puderzucker einrühren. Die Masse gleichmäßig auf drei Schüsseln verteilen. In jede Portion etwa 30 g Makronen oder zerbröselte Biskuits geben. Die weiße Masse mit 2–4 ml Maraschino-Likör verfeinern, die rote mit 15 g gesüßtem Erdbeer- oder Himbeerpüree und die braune mit 20 g Kakao. Jede Mischung vorsichtig mit einem in Wasser aufgelösten flachen Teelöffel Gelatine verrühren. Anschließend die Massen schichtweise – erst weiß, dann rot, dann braun – in eine mit Papier ausgelegte hohe Form (glatt oder geriffelt) füllen. Das Dessert für etwa 3–4 Stunden im Kühlschrank fest werden lassen. Danach die Form leicht erwärmen und das Eis herausstürzen. Zum Dekorieren bieten sich Erdbeereis und ein grüner Kranz an.
Eine besonders interessante Delikatesse auf der Speisekarte war die „Tutti-Frutti-Spezialität“

Quelle: Małgorzata Janik
In der Literatur finden sich zudem gefrorene Varianten sowie Variationen wie Torten, Waffeln, Desserts mit Schokoladenglasur oder Cremes à la Fürst Pückler.
Welche Version damals 1911 auf den Breslauer Tafeln serviert wurde? Und welche Konditorei das „Fürst Pückler“-Dessert lieferte? Das bleibt ein Rätsel. Sicher ist jedoch, dass die Gäste der Universität Breslau ein wahres kulinarisches Fest erwartete, das die Bedeutung dieses Jubiläums unterstrich.
Nun sind Frühling und Wärme endlich in Schlesien eingekehrt – die perfekte Zeit für kalte Desserts. Vielleicht ist dieses Eisrezept eine wunderbare Gelegenheit, Geschichte genussvoll zu erleben?
Małgorzata Janik